CDU und CSU wollen Habeck vor den Energieausschuss zitieren
Die Union verlangt Details zum Strom-Stresstest. Fraktionsgeschäftsführer Frei warnt vor weiter steigenden Preisen und einem noch härteren Winter im nächsten Jahr.
Nach der Präsentation des zweiten Strom-Stresstests hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erheblichen Fragebedarf angemeldet. Sie will sich nicht allein auf die Bewertung des Stresstests durch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verlassen, „sondern wir wollen den Stresstest tatsächlich einmal sehen“, wie Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei am Dienstag in Berlin erklärte.
Was bisher bekannt sei, sei „sehr enttäuschend“ und zeige, dass Habeck nicht in der Lage sei, „ideologiebefreit zu entscheiden“, sagte Frei. Aus Gesprächen mit Fachleuten sei bekannt, dass man Atomkraftwerke nicht wie von Habeck geplant einfach so im Stand-by-Betrieb betreiben könne. „Es dauert etwa zwölf Tage, bis so ein Reaktor hochgefahren ist. Insofern muss man sagen: Das ist nicht Fisch, das ist nicht Fleisch“, erklärte der CDU-Politiker. Die Unionsfraktion habe aus diesem Anlass für Mittwochabend eine dreistündige Sondersitzung des Klimaschutz- und Energieausschusses beantragt, zu der auch Habeck geladen werde. Der Minister habe sich dem fast alle zwei Wochen tagenden Ausschuss zuletzt im Juni gestellt, kritisierte Frei.
Union warnt vor einem Energienotstand im Winter
Die Pläne der Ampel-Regierung „werden nicht helfen, den Energienotstand im Winter zu lindern“, sagte Frei, der vor erneut steigenden Energiepreisen warnte. Es komme jetzt darauf an, die Kapazitäten der Energiegewinnung zu vergrößern. Würde der Deckel für die Stromproduktion aus Biogas aufgehoben, könnte „von jetzt auf gleich 20 Prozent mehr Strom generiert werden, und das CO2-frei“, erklärte der CDU-Politiker. Auch die Atomkraftwerke seien in diesem Sinne eine notwendige Energiequelle.
Habeck habe lediglich einen „Stresstest für die Stromnetze“ vorgelegt, aber keine Antworten auf die zu erwartende Energieknappheit im Winter präsentiert.
Es sei doch „ein Stück weit verlogen“, wenn die Regierung einerseits nicht bereit sei, eigene, sichere Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, andererseits aber Strom aus der Ukraine einkaufen wolle und zudem inständig darauf hoffe, dass Frankreich seine sämtlichen AKW wieder ans Netz bekomme. „Deshalb muss man wirklich sagen: Wenn wir im Winter Probleme bekommen, dann sind es die Probleme dieser Regierung, dann sind es auch die Probleme dieses Wirtschaftsministers. Diese Regierung und dieser Minister tragen dann ganz persönlich die Verantwortung dafür. “
Der nächste Winter wird noch härter
Vor dem Hintergrund des Gaslieferstopps durch Russland warnte Frei davor, „dass die Herausforderungen im Winter 2023/2024 noch größer als in diesem Winter sein werden.“ Wenn wirklich rund ein Viertel des Gasverbrauchs eingespart werde, dann könne man mit dem Gas aus den Speichern vielleicht so gerade eben durch diesen Winter kommen. Die Entwicklung spreche aber dafür, dass es im nächsten Jahr nicht gelingen werde, die Gasspeicher wieder so voll zu bekommen wie derzeit, mahnte Frei.
So habe Deutschland, anders als Italien, bis heute keine Lieferverträge mit Katar unterzeichnet, es gebe auch keinen Termin für Verhandlungen. Es sei zwar gut, dass der Bau von LNG-Terminals offensichtlich zügig vorankomme. Das benötigte Gas müsse aber auch in Deutschland ankommen.
Der Winter im nächsten Jahr drohe deshalb, noch härter als der bevorstehende zu werden, betonte Frei. „Uns deshalb führt auch gar nichts daran vorbei, dass man jetzt neue Brennstäbe ordert, um über das Frühjahr 2023 hinaus die Kernkraftwerke fortlaufen zu lassen“, sagte der CDU-Abgeordnete. Einen Ausstieg aus dem Atomausstieg schloss Frei jedoch aus.
Die Diskussion ist geschlossen.
>>Würde der Deckel für die Stromproduktion aus Biogas aufgehoben, könnte „von jetzt auf gleich 20 Prozent mehr Strom generiert werden, … <<
Ja, das ist sinnvoll. Dieser unter Führung von CDU/CSU eingeführte Deckel ist jetzt falsch.
>>Habeck habe lediglich einen „Stresstest für die Stromnetze“ vorgelegt, aber keine Antworten auf die zu erwartende Energieknappheit im Winter präsentiert.<<
Dieser Satz offenbart einen großen Unverstand des CDU-Politikers und leider auch des Journalisten. Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben nach dem EnWG gesetzlich die Aufgabe zur Gewährleistung der Stabilität des Übertragungsnetzes. Das erfordert, dass Stromverbrauch und Stromerzeugung in Balance gehalten werden. Die ÜNB dürfen also nur so viele Stromverkäufe der E-Unternehmen zulassen, wie diese auch ins Netz einspeisen bzw. Strommengen gekauft haben. Mit Ausgleichsleistung und im operativen Betrieb mit Regelleistung sorgen die ÜNB für die Balance von Stromverbrauch und Stromerzeugung.
Der Minister sollte in den Ausschuss gehen, und den CSU-Abgeordneten vier Fragen stellen:
Warum werden die bereits 2013 Im Bundestag beschlossenen HGÜ-Leitungen, die mit dem Abschalten der AKW fertig sein sollten, in Bayern in manchen Landkreisen immer noch behindert, beispielsweise durch Betretungsverbote für die zu untersuchenden Grundstücke?
Warum ist Bayern von allen Bundesländern Schlusslicht beim Ausbau der Windkraft?
Was meinen Sie, warum die AKW-Betreiber nicht die Haftung für eventuelle Schäden ihrer Atomanlagen tragen und diese Haftung auf den Staat und die Gesellschaft abwälzen wollen?
Warum haben wir 60 Jahre nach Beginn der Atommüllproduktion noch kein Endlager für diesen tödlich strahlenden Müll? Warum hat Bayern sogar mit dem Koalitionsvertrag die Suche nach einem Endlager behindert?
Übrigens: Wann fällt den Leser*innen der AZ auf, dass sie nur die Aussagen der AKW-Freunde in vielen Artikeln präsentiert bekommen? Und Umweltschützer*innen nicht zu Wort kommen?
Raimund Kamm
Was will die Union wirklich, neue Brennstäbe ordern oder den Streckbetrieb?
Für Beides sieht es nicht gut aus und das bringt so den Einen oder Anderen der Union auf die Palme. Statt endlich am gleichen Strang zu ziehen um Deutschland aus der Krise zu ziehen, wird ein End-Zeit Szenario an die Wand gemalt, als ob die Bevölkerung noch zusätzlich verunsichert werden soll.
Trotz der Panikmache der Union wäre es angebracht, dass die Augsburger Allgemeine auch wenn es schwer fällt, etwas mehr Neutralität als Heimatzeitung zeigen könnte.