Samsung und Apple straucheln – chinesische Hersteller auf dem Vormarsch
Während chinesische Hersteller immer mehr Smartphones verkaufen, hadern europäische mit dem Geschäft. Wie sich der Markt entwickelt und warum sogar Apple schwächelt.
Kaum ein technisches Gerät hat den Alltag in den vergangenen 15 Jahren so sehr verändert wie das Smartphone. Für die Hersteller bedeutete das vor allem eins: ein schier endlos wachsender Markt. Nun scheint die Goldgräberstimmung ein Ende zu finden. Die weltweiten Verkaufszahlen zwischen Juli und September sind auf das niedrigste Quartalsniveau der vergangenen zehn Jahre gesunken, zeigen Zahlen des Marktbeobachters Counterpoint. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wurden acht Prozent weniger Smartphones verkauft. Einstige europäische Marktriesen fallen deutlich zurück. Und sogar Apple verliert Marktanteile an asiatische Mitbewerber.
"Die Zahlen überraschen mich nicht", sagt Michael Heidemann, Mobilfunk-Experte beim Marktforschungsinstitut GfK. Seit einigen Jahren gebe es den Trend der leicht rückläufigen Absatzzahlen. Im Gegenzug dazu sei der generierte Umsatz aber gestiegen. Der Grund: Kundinnen und Kunden kaufen zwar seltener ein neues Smartphone, geben dann aber mehr Geld dafür aus. Dennoch: "Wir stellen in diesem Jahr fest, dass der Umsatz in vielen europäischen Ländern nicht mehr wächst", sagt Heidemann. Das liege am schwindenden Bedürfnis, jedes Jahr ein neues Smartphone zu brauchen. Der Kauf-Zyklus werde bei vielen größer, beobachtet der Experte. Die technischen Neuerungen seien nicht mehr so gravierend und die Nachhaltigkeit spiele eine größere Rolle.
Chinesische Smartphone-Hersteller punkten mit "aggressiver Preispolitik"
Eine weitere Erkenntnis der aktuellen Zahlen: Vor allem die fünf größten Hersteller Samsung, Apple, Xiaomi, Oppo und Vivo mussten Einbußen ihrer Marktanteile hinnehmen. Größter Gewinner ist die chinesische Firma Transsion, zu der mehrere Marken gehören, die besonders auf dem afrikanischen und indischen Markt präsent sind. "Viele asiatische Hersteller gewinnen Marktanteile vor allem in den niedrigpreisigen Sektoren", resümiert Heidemann. Eine "aggressivere Preispolitik" sei der Grund für die Zugewinne. Auch der einstige Riese Huawei konnte wieder ein spürbares Wachstum verzeichnen. Der chinesische Hersteller, dem die USA erst Sanktionen und anschließend ein Verkaufsverbot auferlegte, war 2020 noch der zweitgrößte Smartphone-Anbieter und wollte auch Marktführer Samsung überholen. Doch durch die Sanktionen konnte der Konzern unter anderem keine Geräte mehr mit dem schnellen 5G-Datenfunk und Google-Diensten verkaufen, was ihn international deutlich zurückwarf.
Gerade der erzwungene Ausstieg aus Googles Android-Ökosystem sei verheerend gewesen, so Heidemann. Denn: "Der Kunde kauft bewusst Ökosysteme ein." Das sei auch einer der Hauptgründe für den Misserfolg mancher europäischer Hersteller. Das prominenteste Beispiel: Nokia. Hatte der finnische Mobilfunkkonzern 2009 noch einen Marktanteil von fast 40 Prozent, existiert heute nur noch der Name auf Smartphones. Als Apple erste Erfolge mit seinem iPhone feierte und andere Hersteller mit dem Verkauf von Android-Smartphones begannen, setzten die Finnen auf ihr eigenes Betriebssystem – und scheiterten. 2013 stieß Nokia seine Handysparte endgültig ab und verkaufte sie an Microsoft. 2016 trennte sich schließlich auch der US-Konzern von den Namensrechten. Diese gehören aktuell dem finnischen Unternehmen HMD Global.
Smartphone-Markt wird sich erholen, prognostiziert Experte
Zuletzt musste sich auch der deutsche Hersteller Gigaset geschlagen geben und Insolvenz anmelden. Der König der Festnetztelefone stieg erst 2015 in den Smartphone-Markt ein. Der damalige Unternehmenschef Charles Fränkl wollte die Bekanntheit der etablierten Marke nutzen, der Einstieg sei eine "logische Entwicklung in die Zukunft", sagte er damals. Mit einem Sponsoring beim FC Bayern sollte auch der globale Markt in Angriff genommen werden. Doch die Verkaufszahlen blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. 2022 lief die Partnerschaft aus – genauso erfolglos wie das Projekt Smartphone-Abteilung. Über 90 Prozent des Umsatzes generierte Gigaset allerdings immer noch mit Telefonen und Telefonanlagen.
Einen großen Einbruch wird der Smartphone-Markt nach Einschätzung Heidemanns aber nicht erleben. So habe die Kaufbereitschaft durch die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre zwar abgenommen, auf Smartphones werde jedoch nicht verzichtet. Eher rücken andere höherpreisige Produkte in den Hintergrund, erklärt Heidemann. Der Markt könne sich recht schnell regenerieren und dank neuen, hochpreisigen Modellen seinen Umsatz wieder steigern. So erfreuen sich die neuesten Falt-Smartphones immer größerer Beliebtheit – die meisten kosten 1000 Euro oder mehr. Ob der Markt sich in diesem Jahr wieder erholt oder erst, wenn die allgemeine Kauflaune besser wird, sei schwer zu prognostizieren.
Die Diskussion ist geschlossen.