Die Ampel sagt den hohen Energiepreisen den Kampf an
Auf der zweitägigen Regierungsklausur in Meseberg finden SPD, Grüne und FDP wieder zu sich. Koalitionsintern wird demonstrativ der Frieden ausgerufen.
Tagelang hatten die Ampel-Parteien gestritten und sich gegenseitig Blockaden vorgeworfen, unter der Sonne Brandenburgs zog Wirtschaftsminister Robert Habeck einen Schlussstrich. „Diese Klausur hat noch mal gezeigt, wie gut es ist, dass Olaf Scholz diese Regierung führt“, sagte der grüne Vize- über den roten Bundeskanzler. Es war dies einer der bemerkenswertesten Sätze, die es zum Abschluss der zweitägigen Regierungsklausur auf Schloss Meseberg zu hören gab. Ein weiterer: Die Bürgerinnen und Bürger können sich nach den Milliardenpaketen in diesem Jahr auf neue Entlastungen in 2023 einstellen. Einen zweistelligen Milliardenbetrag stellte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Aussicht.
Zwei Tage verbrachten die Kabinettsmitglieder im Gästehaus der Bundesregierung, das eine gute Autostunde nördlich von Berlin in Brandenburg liegt. Dabei menschelte es offenbar gewaltig. „Die Regierung arbeitet sehr gut zusammen, wie man auch hier in Meseberg sinnlich erfahren konnte“, bilanzierte der Kanzler. Scholz ließ leider offen, was mit „sinnlich“ gemeint sein könnte. Vielleicht das gesellige Beisammensein am Abend, das sich unter freiem Himmel und warmen Decken bei Gegrilltem bis nach Mitternacht hinzog.
Regierungsklausur im Schloss Meseberg: Debatte über das dritte Entlastungspaket
Vorher und nachher wurde über das dritte Entlastungspaket gesprochen, das die explodierenden Energiekosten abmildern soll. Das Volumen wird Lindner zufolge im einstelligen Milliardenbereich liegen. Am kommenden Mittwoch findet im Bundestag die Generaldebatte zum Haushalt statt. Spätestens am Dienstag wird das Entlastungspaket deshalb präsentiert, die Regierung will der Opposition keine Steilvorlage für Kritik liefern. Bis dahin gibt es weitere Gespräche und einen Koalitionsausschuss.
Die Zeit drängt auch, weil es wichtige Entlastungen wie den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket nicht mehr gibt. Lindner deutete an, dass letzteres in anderer Form fortgeführt werden könnte. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe ihn überzeugt, dass mit vergleichsweise wenig Geld „ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket“ eingeführt werde könne. Details nannte er nicht. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte, das Auslaufen zum 1. September sei verantwortungslos und werde das Inflationsfeuer weiter anfachen. „Die Klausur der Ampel hätte das 9-Euro-Ticket verlängern und auch eine Entlastung für Bürger beschließen müssen, die auf das Auto angewiesen sind“, sagte Bartsch unserer Redaktion. Geld wäre ihm zufolge genug vorhanden: Eine Übergewinnsteuer auf die Milliardenprofite der Energiekonzerne könne laut einer Studie bis zu 100 Milliarden Euro pro Jahr bringen.
Die Regierung vergaß bei ihrer Klausurtagung nicht, „die Zukunft zu gestalten“, wie Lindner es ausdrückte. Dazu gehört eine Exzellenzinitiative für die berufliche Bildung, die für genügend Fachkräfte sorgen soll. Aber auch eine Digitalisierungsstrategie, die Projekte wie die elektronische Gesundheitsakte und den Glasfaserausbau umfasst.
Robert Habeck zeigt in Meseberg Verständnis für Industrie und Mittelstand
Habeck nahm die schwierige Situation für Mittelstand und Industrie in den Blick und zeigte Verständnis für deren Sorgen und die „schiere Angst“, die in einigen Betrieben umgehe. Rainer Kirchdörfer, Chef der Stiftung Familienunternehmen, bestätigte das. „Falls die Preise so hoch bleiben, müssen Betriebe in deutschen Schlüsselindustrien die Produktion herunterfahren oder ganz schließen“, erklärte er und sprach von einer „absoluten Ausnahmesituation“.
Die Entastungs-Milliarden sollen die Probleme aktuell mildern. Darüber hinaus will die Ampel die Energiekosten langfristig in den Griff bekommen. Die Regierung werde, kündigte Scholz an, „Entscheidungen treffen, die dafür sorgen, dass die Preise nicht durch die Decke schießen“. Eine Entkoppelung des Strommarktes vom Gasmarkt, der ersteren massiv beeinflusst, könnte eine Lösung sein. Antworten lassen sich jedoch nicht im nationalen Alleingang finden. Europa muss es regeln, und hier sieht der Kanzler den unbedingten Willen, das Strommarktmodell zu reformieren. Man müsse zwar noch Gespräche führen, aber seines Erachtens sei „der Druck so groß, dass ich zuversichtlich bin, dass es schnell geht.“
Die Diskussion ist geschlossen.
Wer einen Kampf gewinnen will braucht neben einer gewissen Fitness auch die richtigen Waffen. Beides vermisse ich in der deutschen Politik.
Nicht den Kampf gegen die hohen Energiepreisen ansagen sondern Verhindern wäre das richtige Konzept gewesen und dabei darf Frau Merkel nicht als Verursacherin des Übels und als Entschuldigung herangezogen werden.
Nordstream wurde unter Rot/Grün ausgehandelt, geplant und unterzeichnet. Gas sollte die Lücke für den Ausstieg aus Atom und Kohle (Atomausstieg wurde 2001 unter Rot/Grün beschlossen) füllen. Er war ein Teil der Energiewende. Auch sollten Ölheizungen auf Gas umgestellt werden war eine Forderung aus dieser Zeit. Verursacht hat die Gasabhängigkeit die Rot/Grüne Regierung 1998-2005. Merkel hat 2010 die Laufzeiten einiger Meiler verlängert, 2011 dann nach Fukushima wieder zurück genommen. LNG waren auch die Grünen die hier Jahrelang dagegen waren.
Nicht die rot/grüne Regierung hat die Gasabhängigkeit verursacht. Gas sollte als Übergangslösung dienen, und das war auch gut so. Aber die Entwicklung neuer, klimafreundlicherer Energietechniken, also die Energiewende, die blieb dann bei den Folgeregierungen leider aus und man hat sich immer mehr auf das russische Gas gestürzt. Ich stehe auch dazu, dass man mit Russland gute Handelsbeziehungen gepflegt hat und ich bedauere es sehr, dass sich aus einem Handelspartner ein Aggressor entwickelt hat, der ein Nachbarland im Moment mit Krieg überzieht.
>> Nicht die rot/grüne Regierung hat die Gasabhängigkeit verursacht. <<
Nein, die waren sogar im Oktober 2021 noch ganz scharf auf Gas...
https://www.pv-magazine.de/2021/10/28/scholz-und-baerbock-halten-an-gas-als-brueckentechnologie-fest/
>> Der SPD-Kanzlerkandidat versprach beim Kongress der Chemiegewerkschaft IG BCE eine Beschleunigung der Energiewende, hält aber den Bau neuer Gaskraftwerke für die Stromerzeugung weiterhin für notwendig. Dieser Position schloss sich die Grünen-Politikerin an. Allerdings müsse alles, was jetzt gebaut werde, Wasserstoff-ready sein. <<
@ PETER P.
"Nein, die waren sogar im Oktober 2021 noch ganz scharf auf Gas..."
Gas als Brücke zu den Erneuerbaren war sicher nicht die dümmste Idee.
Keinesfalls abwegiger als AKW's mit abgelaufener Sicherheits-Plakette einfach weiterlaufen zu lassen . . .
@ PETER P.
Sehr interessant dazu ist die Wiso Sendung vom 01.08.2021.
Leider ist mir beim Datum ein Fehler passiert. Die WISO Sendung war vom 01.08.2022 und ist unter dem Titel "Blackout in Deutschland – Horrorszenario oder reale Gefahr?" zu finden.
Verstehe ich das richtig?
Die Regierung denkt über Entlastungen im „einstelligen Milliardenbereich“ (also maximal 9) nach, kassiert aber alleine über die „Gasumlage“ 36 Milliarden ein. Auch die Zuschüsse fürs 9-Euro-Ticket fallen und die Mehreinnahmen aus der wieder erhöhten Mehrwertsteuer auf Benzin sprudeln, was deutlich mehr als 9 Milliarden bringen sollte.
Also in Summe kassiert der Staat viel mehr ein.
Und dann wirft Scholz sich in die Brust, man wolle
„ Entscheidungen treffen, die dafür sorgen, dass die Preise nicht durch die Decke schießen“. Habe ich was verpasst? Die Preise SIND durch die Decke geschossen und diese Regierung tut jetzt seit 12 Monaten nix. Aber bald wird man was entscheiden.
Das wird dann auch ganz bestimmt so gut durchdacht sein, wie die „Gasumlage“.
>>Die Preise SIND durch die Decke geschossen und diese Regierung tut jetzt seit 12 Monaten nix.<<
Ich weiß ja nicht, welche Zeitrechnung Sie haben, aber die Fakten widerlegen Sie eindeutig. Denn die Bundestagswahl fand vor 11 Monaten am 26. September 2021 statt. Bis zur Wahl von Herrn Scholz als Bundeskanzler am 8. Dezember 2021 blieb die Vorgängerregierung kommisarisch im Amt. Herr Scholz ist also gerade mal knapp 9 Monate in Verantwortung. Die Preise sind in Folge des Krieges in der Ukraine gestiegen, der begann bekanntlich am 24. Februar 2022. Der Preisanstieg ist auch kein rein deutsches Problem, andere Länder haben mit weit höheren Preisanstiegen zu kämpfen.
>>Also in Summe kassiert der Staat viel mehr ein. <<
Der Staat sind wir alle, haben Sie das nicht in der Schule gelernt?
Sehr geehrter Herr Walter K.
Sie haben natürlich Recht. Diese Regierung tut erst 9 Monaten nichts.
Aber da Herr Scholz Finanzminister unter Frau Merkel war, kann man guten Gewissens behaupten, dass er schon länger nichts gegen die Inflation tut. Einigen wir uns auf 12 Monate?
Denn die Inflation zog schon im September 21 mit mehr als 4% an. Da hieß es noch: „Das ist ein kurzfristiges Ereignis. Das geht vorbei. Wir brauchen nichts zu tun.“ Jeder der das als Arbeitsverweigerung benannte war sofort ein rechter Hetzer.
Aber jetzt wird alles gut, die Regierung wir Entscheidungen treffen! Wann hat ja keiner gesagt. Und durch welche Decke die Preise nicht gehen dürfen, erklärt auch keiner.
Die Ampel kommt von ihrer Klausur, hat die Gasumlage nicht wieder einkassiert, hat das Merit-Order-Prinzip nicht abgelöst, hat keinen Gaspreisdeckel, hat keine Nachfolge-Maßnahmen für das 9-Euro-Ticket oder der Tankrabatt. Die hat keinerlei konkrete Ergebnisse zu verkünden. Sie hat nichts als wolkige Worte. Das ist so gut, wie der Tipp, nur noch ganz kurz
@Thomas T.
"Verstehe ich das richtig?"
Nein, Sie verstehen das falsch.
"Die Ampel kommt von ihrer Klausur, hat die Gasumlage nicht wieder einkassiert, hat das Merit-Order-Prinzip nicht abgelöst, hat keinen Gaspreisdeckel, hat keine Nachfolge-Maßnahmen für das 9-Euro-Ticket oder der Tankrabatt. Die hat keinerlei konkrete Ergebnisse zu verkünden."
Lieber Thomas T., bilden Sie sich wirklich ein, dass die Ampel nach Ihrer Pfeife tanzt? Im Übrigen wäre es doch völlig egal was die Ampel macht, weil Sie fast immer stänkern. Sehen Sie doch auch mal die postivien Seiten.
Der Informationsfluss lässt hierzulande generell zu wünschen übrig.
In Österreich wird eine Verbilligung beim Gas-Handel um 28% innerhalb einer Woche berichtet, beim Strom gar um 42%. In D gilt dies wohl nicht? Oder passen solche Meldungen einfach nicht zur Gasumlage?
So schlecht kann der Informationsfluss hierzulande nicht sein, wie sonst kämen Sie zu solchen Informationen?
Gerhard D., komisch. Soeben habe ich gelesen, dass die Strompreise an der deutschen Strombörse von 1000 Euro auf 600 Euro gefallen sind. Das wären 40%. :) Die Ampel wirkt!
@ Walter K.
ich habs von österreichischen Medien
Wolfgang L.
Wohl eher der Druck der Medien, welcher in den letzten Tagen immer größer wurde.
@Wolfgang L.: Da fehlt mir aber schon der direkte Nachweis, daß ausgerechnet die Ampel fürdiese Strompreissenkung verantwortlich sein soll. Zweites: schauen wir mal wie lange sie anhält.
Wieviele Milliarden nimmt Porsche-Lindner mehr Märchensteuer ein Dank den hohen Energiepreisen? Darüber wird überhaupt nicht berichtet.
Nicht Lindner nimmt das Geld, sondern unser Staat. Dafür kann Geld ausgegeben werden für Geringverdiener und Hartz IV- bzw. Grundsicherungsbezieher. Irgendwo muss doch das Geld herkommen, wenn die Reichen sich weigern die Energiekrise zu schultern.
Jeder einzelnbe "Reiche" zahlt mehr an den deutschen Staat wie jeder einzelne "Nicht-Reiche".
VON WOLFGANG B.
"Jeder einzelne "Reiche" zahlt mehr an den deutschen Staat wie jeder einzelne "Nicht-Reiche"."
Sicherlich können Sie Ihre Aussage auch Belegen?
Einer deutschen Krankenschwester bleiben nach Abzug ihrer Steuern von 2800 Bruttolohn nur noch 1200 Euro übrig. Ein Multimillionär aus dem Taunus zahlt im Jahr 2300 Euro Steuern – weil er sein Jahreseinkommen auf 26.000 Euro runterrechnen konnte.
https://www.deutschlandfunk.de/deutschland-ist-ein-niedrigsteuerland-100.html
19.09.2011 Wie Deutschland wurde zum Niedrigsteuerland für Wohlhabende wurde
https://www.domradio.de/artikel/wie-deutschland-wurde-zum-niedrigsteuerland-fuer-wohlhabende-wurde
Als Betrag mögen Sie vielleicht noch recht haben Prozentual gesehen aber sicherlich nicht.
Ich glaube nicht das nur eine Person aus dieser Liste: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_500_reichsten_Deutschen
47% seines Einkommens für Steuern aufwenden muss.
@ Wolfgang B.
Jeder Reiche kann noch viel mehr leisten weil seine Taschen gut gefüllt sind. Die anderen Taschen sind wohl so leer, dass man zwar hineingreifen kann, aber nichts findet.